Marko Hanecke war auf unserer Hausmesse, der Obility Insight, die vom 12. – 13.09.2019 stattgefunden hat, zu Gast. Im Vorfeld habe ich mit dem Print-Produktioner und Autor über sein Vortragsprogramm unterhalten und darüber, warum Drucker und Kreative sich oft nicht so richtig verstehen.
Hallo Herr Hanecke, Sie arbeiten als Print-Produktioner und Autor. Wie sind Sie zu diesen doch eher exotischen Tätigkeiten gekommen?
Ich bin in einem kreativen Umfeld aufgewachsen und habe schon früh festgestellt, dass sich Drucker und Kreative nicht richtig verstehen. Meine kreativen Freunde und Freundinnen hatten ständig Probleme und Verständigungsschwierigkeiten mit Druckbetrieben. Da wurden – und werden noch immer – völlig unterschiedliche Sprachen gesprochen. Das fand ich spannend und ich habe mich schon früh und ganz bewusst dafür entschieden, als Mittler zwischen diesen beiden Welten zu fungieren. Nach meiner Ausbildung zum Offsetdrucker habe ich mich direkt selbständig gemacht und arbeite seither als Print-Produktioner. Einige Jahre nach meiner Ausbildung studierte ich Druck- und Medientechnik an der Beuth Hochschule in Berlin und absolvierte zeitgleich den Industriemeister Print an der IHK. Kurz darauf erhielt ich das Angebot einer großen Fernuniversität, Lernbücher für angehende Medienfachwirte und Industriemeister zu verfassen. Während dieser Zeit entdeckte ich meine Leidenschaft für das Schreiben – und startete mit meinem Blog Printelligent.de. Hier versuche ich mich daran, einen Wissenstransfer von der Produktion zur Kreation zu leisten.
Warum glauben Sie, haben Drucker und Kreative, die ja sehr oft an der Entwicklung und operativen Umsetzung von Druck-Jobs beteiligt sind, Kommunikationsschwierigkeiten?
Ich sehe zum einen die Bildungsträger in der Verantwortung. Was in der Ausbildung, in der Meisterschule und im Studium über z.B. Druckveredelungen, Drucktechnologien und Weiterverarbeitungstechniken gelehrt wird, ist schlicht unzureichend. Und ich rede hier über technische Disziplinen. In den kreativen Berufen sieht das noch viel schlimmer aus. Die Wissensdefizite sind enorm. So wird keine Leidenschaft für Print geweckt.
Und natürlich sind es auch die digitalen Medien, die das Interesse an Print verblassen lassen. In meinem Berufsleben habe ich oft miterlebt, dass die Kreativen regelrecht Angst vor Druckjobs haben. Digital lassen sich Fehler schnell und kostengünstig korrigieren. Im Druckbereich sind Fehler in der Regel mit hohen Mehrkosten und Terminproblemen verbunden.
Grafiker, Mediengestalter und alle anderen Akteure, die an der Entwicklung, Gestaltung und Organisation gedruckter Kommunikation beteiligt sind, müssen mehr über die vielfältigen Möglichkeiten der grafischen Industrie lernen. Dann finden wir auch mehr hervorragende Druckprodukte und es klappt es mit der Verständigung.
Können Technologien dabei helfen, diese Wissensdefizite auszugleichen?
Klar! Das passiert ja tatsächlich schon längst. Die Online-Druckereien haben den Zugang zum Druckmarkt quasi demokratisiert. Heute sind kaum noch Fachkenntnisse nötig, um (standardisierte) Drucksachen zu gestalten und zu bestellen. Diese technische „Krücke“ verstärkt aber das Wissensdefizit. Die Onliner bieten ja nur einen sehr kleinen Ausschnitt aller drucktechnischen Optionen an. Kreative orientieren sich zunehmend an den Möglichkeiten der Online-Druckereien und vernachlässigen somit Druckprodukte, die nicht von der Stange kommen. Die Folge: Gleichförmige Drucksachen, die in der Schwemme an Gedrucktem schnell untergehen und nicht das mögliche Potenzial ausschöpfen. Diese Einschränkung ist auf Dauer auch für die Kreativen nicht zufriedenstellend. Diese müssen wissen was möglich ist, um sich auch auf der Produktebene austoben zu können. Das Druckprodukt selbst muss mit in den Design-Prozess einfließen.
Bedeutet das, dass Sie davon abraten, bei Online-Druckereien Aufträge zu platzieren?
Selbstverständlich nicht. Ich selbst bestelle auch hin und wieder meine Jobs bei den Onlinern. Die haben natürlich eine Daseinsberechtigung und viel dazu beigetragen, dass Print auch heute noch nachgefragt wird. Nicht jedes Vorhaben verlangt unbedingt nach außergewöhnlichen Umsetzungen. Weichen Produkte oder Anforderungen aber vom Standard ab, dann können besondere Ansprüche (noch) nicht abgebildet werden. Hier ist die beratungsstarke Druckerei klar im Vorteil.
Was müssen Drucker unternehmen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein?
Ganz klar: Das Einkaufsverhalten hat sich geändert, unterscheidet sich aber je nach Kundengruppe und den individuellen Anforderungen an einen Druckjob. Die Online-Abwicklung von Druckaufträgen hat nach wie vor ein sehr großes Potenzial. Allerdings müssen hier mehr Optionen, Anwendungen und Anforderungen technologisch abgebildet werden. Generell gilt: Das Besondere muss zum Standard gemacht werden. Nur so bringen Sie auch Profis mit anspruchsvolleren Bedürfnissen dazu, Druckjobs online abzuwickeln. Und die weniger versierten Akteure profitieren ebenfalls, denn diese sehen, was sonst noch so möglich ist.
Flankieren sollten die Drucker diese Maßnahmen mit einer guten Bemusterung und – ganz wichtig – mit weitreichenden Informationen und Beispielen, die z.B. in einem Unternehmens-Blog dargestellt werden können. Expertenwissen muss ebenfalls demokratisiert werden. So werden potenzielle Kunden inspiriert und die Kundenberatung entlastet. Jeder gewinnt!
Das Besondere zum Standard machen? Können Sie mir hierzu ein paar konkrete Beispiele nennen?
Aber gerne doch. Nehmen wir z.B. den Bereich der Druckveredelungen. In den meisten Online-Druckereien finden wir nur ein eingeschränktes Angebot an Veredelungen. Diese wenigen Optionen sind häufig nicht miteinander kombinierbar, obwohl dies technisch möglich ist. Es wäre doch toll, wenn ich aus einer sehr breiten Palette an Druckveredelungen wählen und diese innerhalb eines Produktes beliebig miteinander kombinieren könnte.
Im Bereich der Papiere sieht es nicht anders aus. Hier wünsche ich mir ebenfalls eine viel größere Auswahl. Das besondere Papier muss zum Standard gemacht werden.
Ich betreue oft Projekte mit speziellen logistischen Anforderungen. Heute ist es bei den Onlinern längst noch kein Standard, Auflagen beliebig splitten und zusammen mit anderen Druckjobs versenden zu können. Möglicherweise sogar konfektioniert. Hier sehe ich wirklich große Potenziale.
Und die vielfältigen Möglichkeiten des Digitaldrucks werden bei den Online-Druckereien fast überhaupt nicht berücksichtigt. Selbst eine simple Personalisierung ist meist nicht möglich.
Dies sind natürlich nur ein paar wenige Beispiele. Generell geht es mir darum, besondere Anforderungen zu standardisieren und online verfügbar zu machen. Und genau hier sehe ich auch eine riesige Chance für Druckereien.
Herr Hanecke, zu guter Letzt: Was möchten Sie Druckdienstleistern aus der der Sicht eines Print-Produktioners vermitteln?
Mir ist es wichtig zu aufzuzeigen, wie sich die Anforderungen von Druckereikunden verändern. Ich beleuchte, in welche Gruppen sich potenzielle Kunden einteilen lassen und wie sich deren Anforderungen unterscheiden. Und ich gebe Tipps dazu, mit welchen konkreten Maßnahmen sich Druckereien auf geänderte Marktanforderungen und Kundenbedürfnisse einstellen können.
Vielen Dank für das Interview!
Möchten Sie Marko Hanecke persönlich kontaktieren, dann schauen Sie gerne auf seiner Seite PRINTELLIGENT vorbei.
Im Rückblick unses Anwender- und Branchentreffen 2019 lesen Sie die Zusammenfassung seines Vortrags.
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